Einige Mitglieder dürften bei Lesen des Antragsbuches für den anstehenden Landesparteitag am 17. August gedacht haben, es handelt sich bei einigen Anträgen um eine Satire-Aktion. Andere hingegen erinnern sich an den letzten Parteitag, der mehrheitlich ein Delegiertensystem mit nur noch 250 Delegierten beschlossen hat. Kritiker dieses sehr scharfen (weil kleine Delegiertenzahl) Delegiertensystems hatten befürchtet, dass Listen zukünftig nur noch über Delegierte gewählt werden, obwohl man doch beschwor, dass auch zukünftig Mitgliederparteitage die Regel sein werden. Die Befürworter des 250er Systems ließen keinen Kompromiss auf 600, 500 oder 350 zu und betonten, es gäbe ja immer noch die Mitliederparteitage und eine Delegiertenversammlung würde nur in Notfällen notwendig werden. Das Ergebnis sehen wir nun und die Kritik unseres Kreisverbandes wurde bestätigt. Am 17. August trifft die AfD Sachsen-Anhalt zwar als Mitgliederparteitag zur Wahl des Landesvorstandes. Nur einen Tag später, am 18. August, soll im GLEICHEN Saal allerdings nur von den Delegierten die Liste für die Bundestagswahl 2025 gewählt werden. Auch deshalb beantragen wir eine Aussprache, womit diese Vorgehensweise begründet wird.

Zudem gibt es einen fragwürdigen Antrag, auf Direktkandidaten verzichten zu wollen. Die Idee dazu existiert schon länger, um die Liste sicher durchzubringen, dennoch hält nun die Wahlrechtsreform der Ampel für Erklärungen her. Hochrangige Funktionäre meinen das sehr ernst. In Verbindung mit einem weiteren Antrag, der abhängige Beschäftigungen im Landesvorstand zukünftig erlauben soll (Antrag S1) und einem weiteren Antrag, dass der Generalsekretär zukünftig nur auf Vorschlag des Landesvorsitzenden gewählt wird (S2), muss man die Frage stellen, wo das hinführen soll?

In Summe entsteht eine Partei, bei der sich die bestehende Funktionärselite von der Basis abkapselt. Das Leistungsprinzip wird abgeschafft und Mandate sollen auf Dauer für einen bestimmten Personenkreis gesichert werden. Konkurrenz in den Wahlkreisen wird ausgeschaltet. Ein gesunder Wettbewerb vor Ort und eine Bestenauslese durch die Basis unserer vor Ort verwurzelten Partei findet nicht mehr statt. Die Identifikation mit einen Wahlkreisabgeordneten wird ebenso aufgelöst. Letztlich entfernt sich die Partei nicht nur von der Parteibasis, sondern auch vom Volk – und das obwohl wir als basisdemokratische Partei angetreten sind, die sich für Volksentscheide einsetzt. Sollten diese Anträge eine Mehrheit finden, entsteht unweigerlich ein Vertrauensverlust beim Wähler. Immer war es Konsens in der AfD, dass man den starren Parteienstaat zurückdrängen will. Der Wähler wird nicht verstehen, warum er die AfD nicht mehr direkt wählen kann, insbesondere deshalb nicht, weil sich die AfD im Grundsatzprogramm (Punkt 1.5.2.) gegen starre Wahllisten der Parteien ausspricht. Es gilt also diese Beschneidung der Mitbestimmung des Volkes zu verhindern, denn es geht um unsere Glaubwürdigkeit!

Mit einem Wahlantritt ohne Direktkandidaten überlassen wir das Feld zum Teil jenen Gestalten, die wir ablösen wollen. Die CDU würde sich vor Lachen den Bauch halten. Wird der Antrag angenommen und später auf die Landtagswahl ausgedehnt, wüsste sie bereits jetzt, dass sie nach der nächsten Landtagswahl wieder 40 bzw. dann wohl 41 – also ALLE – Wahlkreise gewinnt. Auch bei sinkender Zustimmung würden die Strukturen der CDU nicht in Gefahr geraten und die Gelder würden weiter fließen. Nach über 20 Jahren CDU-Herrschaft in Sachsen-Anhalt wäre das sicher nicht das richtige Signal, das von einem AfD-Wahlsieg bei der kommenden Landtagswahl ausgehen müsste. Scheinargumente, man könne ja als AfD-Mitglied als Einzelbewerber antreten, sind an den Haaren herbeigezogen und gleichsam realitätsfern. Versuche, den Eindruck zu vermitteln, die Bürger würden die Erststimme ablehnen sind irreführend. Was der Bürger ablehnt, ist die Aufblähung der Parlamente durch Ausgleich- und Überhangmandate. Genau die würden auf Landesebene nach aktuellem Recht entstehen. Eine Wahlrechtsreform, die nun die Erststimmen abschaffen möchte, ist der falsche Weg. Vielmehr muss die Forderung lauten, Bewerberstimmen zugunsten einzelner Kandidaten auf der Landesliste einer Partei zu vergeben. Dadurch würde die Reihenfolge der Landeslistenbewerber einer Partei durch den Bürger beeinflusst werden. So steht es im AfD-Programm und so wurde es auch im Bundestag durch die AfD beantragt!

Doch unter den gegebenen Voraussetzungen sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene, auf Direktkandidaten zu verzichten, wäre eine historische Fehlentscheidung! Die größte Gefahr einer solchen Entwicklung ist neben der Verfilzung der AfD die Stärkung der politischen Gegner und das ohne Not. Inhaltlich ist die AfD nicht mehr aufzuhalten, da wir in allen großen politischen Fragen Recht behalten haben und für nahezu alle für das Volk wichtigen Politikfelder Antworten haben. Warum liefern wir dem politischen Gegner nun diese Steilvorlage? Jeder politische Kenner weiß, was ein solches System für die Landtagswahl bedeutet. Vor dem Hintergrund der aktuellen Umfragen und der Tatsache, dass der Landtag in Sachsen-Anhalt keine Mandatsbegrenzung hat, wäre das dem Steuerzahler nicht zu vermitteln. Der Landtag würde massiv aufgebläht werden, da alle Fraktionen Ausgleichsmandate bekommen müssten. Millionen an Mehrkosten würden für den Steuerzahler entstehen. Wie will man einen solchen Aufwuchs dem Wähler erklären? Wie passt das mit dem Ziel, die Staatsausgaben zu senken und den Politikfilz zu bekämpfen zusammen?

Der Antrag, auf Direktkandidaten zu verzichten, widerspricht den Gründungsidealen der AfD, dem Grundsatzprogramm der AfD, der Position der AfD im Bundestag, der direktdemokratischen Ausrichtung der AfD und er unterminiert die Verankerung als verwurzelte Volkspartei.

Er ist deshalb abzulehnen!