Von der Großinvestition „Batteriefabrik“ des US-Unternehmens Farasis, mit Sitz in China, haben sicher schon viele Bürger gehört. Die Informationen, die innerhalb der Bürgerschaft diskutiert werden, sind jedoch sehr unterschiedlich, was sicher auch an der dürftigen Informationspolitik seitens der Behörden liegt. Einige Bürger glauben, die Ansiedlung sei vom Tisch, andere folgen der kolportierten Auffassung, die Ansiedlung beschränke sich lediglich auf den Bereich des Solar Valley bzw. des Technologieparks Mitteldeutschland und damit südlich der Kreisstraße zwischen Rödgen und Thalheim. Dies war auch aus den Bürgerfragen in der Einwohnerfragestunde zur Sitzung des Ortschaftsrates am 24.07.2019 zu hören.
Die AfD-Fraktion im Stadtrat Bitterfeld-Wolfen hatte bereits vor der neuen Legislaturperiode in der Sondersitzung des Stadtrates am 26. Juni einen Fragenkatalog zur geplanten Ansiedlung an die Stadtverwaltung gerichtet. In seinem Beitrag in der Sondersitzung forderte Stadtrat Daniel Roi zudem namens der AfD-Fraktion eine Einwohnerversammlung, in der die betroffenen Bürger – insbesondere in Rödgen und Thalheim – umfassend über die Großansiedlung informiert werden. (MZ u. RBW waren nicht vor Ort u. haben nicht berichtet). Insbesondere soll den Bürgern Thalheims reiner Wein eingeschenkt werden, was eine mögliche Bebauung von „Thalheim-West“, also zwischen den Kreisstraßen nach Rödgen und Zschepkau, angeht. Diese Fläche liegt in der Hauptwindrichtung und würde bei einer Bebauung mit Fabriken das Lebensumfeld Thalheims massiv beeinflussen und den dörflichen Charakter des Ortes in Frage stellen. Der gefasste Beschluss bezieht sich jedoch in der Tat „nur“ auf Flächen am Autohof auf dem Gelände des Technologieparkes Mitteldeutschland (siehe Kartenausschnitt unten). In Pressemeldungen, wurde jedoch bereits deutlich, dass für weitere Ausbaustufen der Batteriefabrik noch größere Flächen benötigt werden. Daher forderte die AfD schon im Kommunalwahlkampf eine umfassende Beteiligung der Bürger sowie eine Befragung der Thalheimer, ob auch Thalheim-West zur Industriefläche werden soll.
In der besagten Sondersitzung des Stadtrates, die eigens für einen Beschluss, der mit der Ansiedlung im Zusammenhang steht, einberufen wurde, beschloss der Stadtrat in alter Zusammensetzung einen Aufstellungsbeschluss zur „Änderung des Bebauungsplanes „Sonnenallee-West“ im Ortsteil Rödgen und Erweiterung auf Teilbereiche des Bebauungsplanes „Sonnenallee-Mitte“ im Ortsteil Thalheim“. Siehe: Beschluss-Thalheim-Batteriefabrik aus der Sondersitzung. Warum der Beschluss nach der Kommunalwahl, unbedingt aber noch in der alten Besetzung des Stadtrates beschlossen wurde und man nicht auf die konstituierende Sitzung des neuen Stadtrates am 3. Juli warten konnte, bleibt wohl das Geheimnis des Oberbürgermeisters.
Fakt ist, der Beschluss wurde völlig unkommentiert und unbemerkt von der Öffentlichkeit gefasst. Der Ortschaftsrat Thalheim wurde über diesen Beschluss weder in Kenntnis gesetzt, noch gab es eine Abstimmung hierüber, was auch zur Sitzung am 24. Juli deutlich u.a. von Ortschaftsrat Herrn Schaflik (Wählerliste SG Rot-Weiß Thalheim) kritisiert wurde. Schaflik machte deutlich, dass er als Mitglied des alten Ortschaftsrates nichts von diesem Beschluss wisse und damit übergangen wurde. Er sagte wörtlich, „dass hier über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden wurde“. Es stellt sich die Frage, ob das die zugesagte Transparenz sein soll, von der man im Rathaus spricht?
Der Oberbürgermeister sieht durch eine Beratung der Ortsbürgermeister am 04. Juni, an der wohl nicht Herr Kressin (CDU), sondern die Stellvertreterin Frau Soltész (SPD) teilnahm, eine Beteiligung der Ortschaft als gegeben an. In der Sitzung am 26. Juni, meinte OB Schenk (CDU), es sei Sache des Ortsbürgermeisters, eine Sitzung einzuberufen bzw. den Ortsrat zu informieren. Er schob somit die Verantwortung auf Frau Soltész, die jedoch offenkundig keine Sondersitzung veranlasste, ebenso gab es keine Information an den Ortschaftsrat. Die Sichtweise des OB ist deshalb interessant, da sonst von den Fraktionen im Stadtrat immer genau verlangt wird, dass – wenn Belange von Ortschaften berührt werden – die Ortsräte zwingend zu hören sind und dies auch in der Beratungsfolge Niederschlag finden muss.
Die AfD-Fraktion hat nunmehr die Antworten zu den gestellten Fragen erhalten und veröffentlicht diese hiermit. Erster Erfolg unseres Agierens ist, dass der Oberbürgermeister nun unserer Forderung nachkommt und für den 29.08., um 17 Uhr zur Einwohnerversammlung in das Kulturhaus nach Wolfen einlädt. Auch wenn die Versammlung nicht in Thalheim stattfindet und die angesetzte Uhrzeit für einige wohl ungünstig ist, begrüßen wir ausdrücklich diesen Schritt und hoffen, dass nunmehr der Ortschaftsrat und die Bürger beteiligt werden, denn Ansiedlungen in diesem Ausmaß plant man nicht am Bürger vorbei. Zur nächsten Sitzung des Ortschaftsrates kommt das Thema auf die Tagesordnung!
Am 29.08. sind alle Bürger Bitterfeld-Wolfens um 17 Uhr eingeladen an der Einwohnerversammlung im Kulturhaus Wolfen teilzunehmen.
Anbei veröffentlichen wir die Fragen der AfD-Stadtratsfraktion inklusive der Antworten der Stadt Bitterfeld-Wolfen. Die letzte Frage dürfte insbesondere auch für Akteure in Sandersdorf-Brehna von Interesse sein, da der mitgeteilte Fakt, wonach südlich der B183 ein „Rail-Terminal“ gebaut wird, bisher den dortigen Stadträten nicht bekannt ist. Ein Anfrage an die Landesregierung zur dort sich im Bau befindlichen Papierfabrik kann hier eingesehen werden.
Beantwortung der Fragen der AfD-Fraktion zur Ansiedlung von Farasis
1. Wann und wie wird die Bevölkerung von Thalheim über die Großansiedlung und die genauen Pläne in Kenntnis gesetzt?
Am 29.08.19 um 17:00 Uhr findet im Kulturhaus eine öffentliche Informationsveranstaltung unter Teilnahme der Stadt Bitterfeld-Wolfen, des Wirtschaftsministeriums und des Investors statt. In dieser Veranstaltung informiert der Investor alle interessierten Bürger über das Ansiedlungsvorhaben. Teilnehmen können grundsätzlich alle interessierten Einwohner der Stadt Bitterfeld-Wolfen, nicht nur die Bevölkerung von Thalheim.
2. Warum wurde nicht, wie laut KVG vorgesehen vorher der Ortschaftsrat angehört?
Gem. § 84 Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 KVG LSA ist der Ortschaftsrat anzuhören bei der Aufstellung, wesentlichen Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen […] soweit sie sich auf die Ortschaft erstrecken. Gem. § 84 Abs. 2 Satz 2 und 3 KVG LSA können Einzelheiten zum Anhörungsverfahren in der Hauptsatzung geregelt werden. In der Hauptsatzung der Stadt Bitterfeld-Wolfen ist hierzu geregelt:
§ 16 Anhörung und Aufgaben der Ortschaftsräte
(1) Die Anhörung der Ortschaftsräte gemäß § 84 Abs. 2 KVG LSA findet nach folgendem Verfahren statt:
1. Die Anhörung wird durch den Oberbürgermeister eingeleitet, der dem Ortsbürgermeister die zur Entscheidung anstehenden Angelegenheiten darstellt und begründet.
2. Der Ortsbürgermeister informiert den Ortschaftsrat in einer Sitzung, die spätestens einen Monat nach Einleitung des Anhörungsverfahrens stattfindet und bittet um Meinungsbildung. In Angelegenheiten, die wegen besonderer Dringlichkeit keinen Aufschub dulden, kann der Oberbürgermeister die Frist nach Satz 1 angemessen verkürzen.
Über den Aufstellungsbeschluss zur B-Planänderung wurde in der Ortsbürgermeisterberatung am 04.06.19 informiert. Im Bau- und Vergabeausschuss und im Stadtrat wurde der Aufstellungsbeschluss am 26.06.19 beraten und beschlossen.
3. Warum wurde nicht, wie laut KVG vorgesehen eine Einwohnerversammlung als geeignetes Mittel der Information durchgeführt?
Die Einberufung einer Einwohnversammlung ist nicht zwingend vorgeschrieben, eine Unterrichtung über bedeutsame Angelegenheiten der Kommune kann auch in anderer Form erfolgen, siehe hierzu die Beantwortung zu Frage 1.
4. Wann soll Baubeginn sein?
Baubeginn soll nach aktueller Planung nach der Schaffung des Planungsrechtes (gültiger Bebauungsplan) im Februar 2020 sein.
5. Inwieweit kommt es zur Mehrbelastung der Kreisstraße zwischen Rödgen und Thalheim während der Bauphase?
Eine Mehrbelastung der Kreisstraße während der Bauphase wird es zum jetzigen Stand der Planungen nicht geben.
6. Inwieweit wird sich die Verkehrssituation in der Bauphase am Knotenpunkt B183 / A9 verschärfen und welche Maßnahmen sind hier vorgesehen?
Zum jetzigen Zeitpunkt können noch keine genauen Angaben zur Bauphase gemacht werden, da sich das Unternehmen aktuell noch in der Planung befindet. Unabhängig davon finden und fanden auch bereits Gespräche diesbezüglich statt.
7. Welche Flächen sind Teil der geplanten Ansiedlung?
Die benötigten Flächen für die Ansiedlung befinden sich in den B-Planbereichen „Sonnenallee-West“ und „Sonnenallee-Mitte“ in den Gemarkungen Rödgen und Thalheim. Alle Flächen befinden sich im Bereich des Technologieparks Mitteldeutschland.
8. Welche Flächen wurden dem Investor zugesagt?
Die Stadt Bitterfeld-Wolfen besitzt selbst keine Grundstücke, die für die Ansiedlung benötigt werden. Somit kann die Stadt Bitterfeld-Wolfen auch keine Grundstücke zusagen. Die Verhandlungen über den Grundstückserwerb führt der Eigentümer mit der Fa. Farasis selbst. Die Stadt Bitterfeld-Wolfen hat den entsprechenden Kontakt zu den Eigentümern hergestellt.
9. Wie weit reichen die geplanten Fabriken an die Wohnbebauung westlich von Thalheim ran?
Gemäß der aktuellen Planung befinden sich alle Fabriken im Bereich des ZV TPM.
10. Gibt es Flächen zur Bebauung für dieses Vorhaben auf der Gemarkung südlich der B183?
Südlich der B183 auf dem Gebiet der Stadt Sandersdorf-Brehna ist ein Rail-Terminal geplant. Dafür werden Flächen durch die Stadt Sandersdorf-Brehna zur Verfügung gestellt.
Aktuelles Planungsgebiet Batteriefabrik für die erste Ausbaustufe